Der Weg zur papierlosen Bankfiliale

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Umstellung auf papierloses Arbeiten – im Bankwesen keine einfache Aufgabe. Wo anfangen? Wie schnell vorangehen? Und was ist mit den Archiven?

Olivia Markbreiter
Olivia Markbreiter
18. August 20237 Min.
How to become a paperless branch

In einem traditionellen, papierintensiven Geschäft wie dem Bankwesen kann die Umstellung auf papierloses Arbeiten wie eine kaum zu bewältigende Aufgabe wirken. Wo soll man anfangen? Wie schnell geht man vor? Und was ist mit den Millionen von Papierunterlagen in den Archiven?

Filialen haben augedient

Branchenexpert:innen verkünden schon seit Jahren das Ende der Bankfilialen und erörtern die Vor- und Nachteile der ausgedünnten Filialnetze, während immer mehr Standorte konsolidiert und geschlossen werden. Doch noch sind die Filialen nicht ganz wegzudenken.

Das Problem mit dem Papier

Ein großes Filialnetz zu betreiben, ist aufgrund der vorherrschenden papierbasierten Prozesse schwierig. Papierunterlagen, die in den Filialen erstellt, genutzt und gelagert werden, sind mit erheblichen Kosten und Risiken verbunden. Probleme ergeben sich vor allem in diesen sechs Bereichen.

  1. Audit und Compliance: Sensible Kundenakten und betriebliche Unterlagen auf Papier lassen sich nicht immer zuverlässig pflegen und wiederfinden. Können Banken bei Prüfungen angeforderte Dokumente nicht rechtzeitig vorlegen oder nicht nachweisen, dass sie Akten mit personenbezogenen Daten ordnungsgemäß aufbewahren, drohen empfindliche Bußgelder.
  2. Kundenzufriedenheit: Banken können keinen schnellen Service bieten, wenn die Kundenakten schwer zugänglich sind. Die Mitarbeitenden müssen bei Anfragen oft ganze Aktenordner durchsuchen oder die Kund:innen bitten, Formulare noch einmal neu auszufüllen.
  3. Manuelle Bearbeitung: Die Mitarbeitenden in den Filialen verbringen viel Zeit mit der Bearbeitung eingegangener Papierakten. Durchschnittlich sind es pro Woche und Person mehrere Stunden, die für das Scannen und Hochladen von Kundenakten oder Sortiertätigkeiten im Aktenarchiv anfallen. Diese Ressourcen könnten anderweitig im Kundenservice eingesetzt werden, und das manuelle Indizieren erhöht auch die Gefahr von Eingabefehlern.
  4. Immobilienkosten: All diese Papierakten nehmen in den Filialen viel Platz weg. Neue Filialen waren 2018 durchschnittlich 750 m2 groß, und die Banken investieren für Neueröffnungen jeweils 1,8 bis 3,7 Mio. pro Standort. Bedauerlicherweise wird ein großer Teil dieser teuren Immobilien nicht als Servicecenter für Kund:innen genutzt, sondern dient primär der Aktenaufbewahrung.
  5. Verzögerungen bei Fusion und Übernahme: Wenn Banken Filialen zusammenlegen, verkaufen, übernehmen oder schließen, müssen Papierakten sortiert und übergeben werden – und dies führt jedes Mal zu erheblichen Kosten und zeitraubendem Aufwand.
  6. Ausfallsicherheit/Disaster Recovery: Extreme Wetterereignisse werden immer häufiger. Sie können Filialen zum Schließen zwingen und gefährden Papierunterlagen. Auch bei regionalen Unruhen und Konflikten kann es nötig werden, Filialen übereilt zu verlassen und die Akten zurückzulassen.

Woher das Papier kommt

Mit drei Kategorien von Papierunterlagen haben Bankfilialen zu tun:

  1. Neue Transaktionsdokumente: Viele Bankgeschäfte werden auch heute noch persönlich und auf Papier erledigt, insbesondere, wenn eine Unterschrift erforderlich ist. Oft digitalisieren die Mitarbeitenden die Dokumente zwar sofort, doch die physischen Originale werden zum Teil trotzdem weiter aufbewahrt.
  2. Betriebliche Dokumente: Filialen bewahren betriebliche Dokumente vor Ort auf, und es gibt oft spezielle externe Stellen, an denen Antragsdokumente manuell bearbeitet werden. Außerdem fallen in den Filialen Ausdrucke interner Korrespondenz und unnötige Kopien von Kundendokumenten an.
  3. Inaktive Kundenakten: Manche Kund:innen sind schon seit Jahrzehnten bei ihrer Bank, und in den Filialen sind oft noch alle Dokumente aus dieser Zeit vorhanden, teils sogar vermischt mit Akten von Familienangehörigen. Wenn es überhaupt Anweisungen gibt, bestimmte Akten regelmäßig zu vernichten, ist das schwierig zu überwachen und durchzusetzen.

Warum die Digitalisierung so schwierig ist

Warum haben Banken es noch nicht geschafft, 100 % digital zu arbeiten? Warum fällt es gerade ihnen so schwer, auf Papier zu verzichten?

  1. Hohe Unsicherheit: Viele Banken wissen gar nicht, wie viele oder welche Papierdokumente an den einzelnen Standorten vorhanden sind. Zum Teil haben die Filialen schon zahlreiche Übernahmen mitgemacht, und es ist nicht immer klar, wie mit alten Dokumenten zu verfahren ist. Können ganze Kartons, bestimmte Akten oder einzelne Dokumente vernichtet werden, und wo besteht noch eine Aufbewahrungspflicht? All das muss zuerst klar geregelt werden. Viele Banken wissen nicht, wo sie anfangen sollen oder wie ein solches Projekt umgesetzt werden kann, ohne die Bankgeschäfte und den Kundenservice zu stören.
  2. Große Mengen: Banken haben zum Teil hunderte Filialen, und jede davon ist anders. Da gibt es neu eröffnete, die von Anfang an digital ausgerichtet waren, aber auch alteingesessene Standorte mit Unterlagen aus mehreren Jahrzehnten. In einer einzigen Filiale kann es mehr als hundert verschiedene Dokumenttypen geben – jeweils mit eigenen Datenpunkten und Taxonomien sowie individuellen gesetzlichen Aufbewahrungsfristen. Hybride Umgebungen mit digitalen Datenspeichern machen die Sache nicht einfacher: Bei vielen Banken liegt in mehreren Speichern (ECM oder CSP) eine große Menge digitaler Exemplare, die geprüft und mit den Papierexemplaren abgeglichen werden müssten.
  3. Hohe Komplexität: Akten werden oft nicht sauber geführt (bestehende und gekündigte Konten, Dokumente mehrerer Kund:innen in einer Akte). Deshalb müssen sie in der Regel Dokument für Dokument geprüft werden. Dabei kann man sich intern nicht immer einigen, wie sie indiziert und getaggt werden sollen. Die Zuweisung einer eindeutigen Kunden-ID ist oft schwierig, weil viele Banken bereits mehrere Runden mit Übernahmen, Veräußerungen oder Konsolidierungen hinter sich haben, wobei jedes Mal unterschiedliche Systeme zusammengeführt wurden.

Wo anfangen?

Schritt 1: Legen Sie zuerst Ihre Ziele fest. Was sind die größten Probleme, die sich durch Digitalisierung lösen ließen, und welche Chancen könnte man damit wahrnehmen? Das wird von Bank zu Bank und von Filiale zu Filiale unterschiedlich sein. Ist beispielsweise ein besseres Kundenerlebnis das Ziel, können mobiles Banking, digitale Verträge und Self-Service-Funktionen spürbare Wirkung zeigen. Ist die interne Effizienz ein Problem, können digitalisierte Dokumente und automatisierte, parallele Prozesse die Produktivität erheblich steigern.

Schritt 2: Machen Sie eine Bestandsaufnahme. Wie viel Papier wird in den Filialen verwendet, geschaffen oder gelagert? Wie viele Aktenregale nehmen wertvollen Platz weg? Stehen die Keller voller alter Akten (und gibt es Probleme mit Hochwasser)? Verschaffen Sie sich einen schnellen Überblick über das Ausmaß des Problems, und prüfen Sie, ob Ihnen alle Informationen vorliegen. Viele Banken wissen zunächst gar nicht, was alles im Archiv steht und welche Kundendokumente sich wo befinden.

Schritt 3: Überlegen Sie, welche Maßnahmen schnell etwas bewirken. Ein Beispiel: Kontoauszüge zu drucken und zu verschicken, ist teuer und zeitaufwendig. Kostensenkung, Umweltschutz und schnellerer Zugriff – es gibt viele Gründe, die Kundschaft vom Umstieg auf digitale Kontoauszüge zu überzeugen.

Besser maschinell als manuell

Viele Banken versuchen, solche Projekte mit den eigenen Mitarbeitenden durchzuführen – die jedoch im Kundendienst viel sinnvoller eingesetzt sind als beim manuellen Sortieren von Papierunterlagen. Nutzen Sie stattdessen Lösungen, die auf maschinellem Lernen basieren. Damit werden Datenelemente wie Name, Kundennummer, Beträge und Adressen erkannt, und anschließend lassen sich die Dokumente nach den gewünschten Kriterien automatisch indizieren. So können alte Papierdokumente in einem kompletten digitalen Profil mit Online-Unterlagen zusammengeführt werden. Dieses Profil lässt sich dann abfragen, durchsuchen und in automatisierte Prozesse einbinden. Die Voraussetzung für automatische Indizierung mit maschinellem Lernen ist dabei immer das Scannen der Dokumente.

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